Eine Hammondorgel zu besitzen war ein Bubentraum von mir. Er hatte etwa den selben Stellenwert wie jener, einer Yacht. In der dritten Klasse bekam ich Klavier- und Geigenunterricht. Die Violine kaufte mir mein Vater von einem Arbeitskollegen für einen "Fünfliber". Das kratzende Vergnügen dauerte hingegen nicht lange. Ich denke, so nach einem Jahr hatten meine Familie, aber auch der Violinlehrer, Herr Dinklage, die Tortur meiner Künste überstanden. Das Klavier erstand mein Vater ebenfalls von einem Kollegen. Es war aber etwa 100 Jahre alt, so dass es nicht mehr zum Stimmen gebracht werden konnte. Ich erpresste meine Eltern und setzte den Kauf eines revidierte Occasionsklaviers durch. Im Gegenzug versprach ich, weiterhin Unterricht zu nehmen und fleissig zu üben. Mein Vater war ein begnadeter Sänger. Als Mitglied eines Jodlerchörlis und eines Männerchors brachte er oft Lieder nach Hause, die ich dann am Klavier begleiten "durfte". In der Klavierstunde beim "Schätzli Flöri" musste ich immer Wienerwalzer spielen. Meine Lektionen fanden so um 11.00 Uhr statt. Nach kurzer Zeit liess mich Flöri meistens alleine klimpern und verschwand in der Küche, wo sie das Mittagessen für Ihre Familie zubereitete. Ich erinnere mich, dass es dann oft aus der Küche tönte: "Fis" Hansruedi, "Fis". Schon bald prutzelte es in der Pfanne und gluschtiger Duft von "Fleisch anbraten" kitzelte meine Nase. Zeit, den Wienerwalzer zu beenden und zu schauen, was es bei "Mueti" z'Mittag gab? Die Wienerwalzer waren bald Geschichte, und damit die Klavierstunden. Ich machte mich selbständig und spielte die gängigen Schlager nach. Schon mit 15 Jahren war ich Mitglied der Tanzband "Diana Quintett". Mein Vater war stolz darauf, aber er begleitete mich jeweils an die Dorfanlässe und holte mich am Ende der Spielzeit ab. Meine Eltern wollte sicher gehen, dass ich "keine Dummheiten" anstellte. Damals entstand der Wunsch nach einer Hammondorgel. Bei Musik Hug in Solothurn machte ich meine ersten Kontakte zu diesem Instrument. Damals konnte ich noch nicht ahnen, dass ich viele Jahre später einmal CEO dieser Filiale sein würde. Es sollte aber noch lange dauern, bis ich meine erste Hammond kaufen konnte. So um 1971 herum, also mit rund 26 Jahren arbeitete ich in der Klavierfabrik Schmidt-Flohr in Bern, hatte zum ersten mal einen anständigen Lohn und konnte mir deshalb ein so begehrtes Teil leisten. Es war eines der ersten portablen Modelle, geeignet für eine Band. Immer mehr wurde aber die Trompete mein Hauptinstrument und die Orgel geriet in den Hintergrund. Jahre später, als wir um 2005 herum unser Schiff verkauft hatten, erfüllte ich mir den alten Bubentraum - eine echte alte Hammond B-3. Jetzt musste es eine Antiquität sein. Laurens Hammond, der u.a. auch das Automatikgetriebe für die Renault-Werke erfand, präsentierte 1934 die erste Hammondorgel, das Modell A. Um 1954 herum entstand das Modell B-3, eine Heimorgel mit konkavem Basspedalboard in Nussbaum. Es wurde zum Inbegriff aller Hammond-Liebhaber, nicht zu letzt durch Jimmy Smith's grandiose Aufnahmen. Das elektromagnetische Instrument ist so schwer, dass man es als Amateur eigentlich für Auftritte nicht nutzen kann. Der Transportpreis würde jede Gage auffressen. Dieser Nachteil bewog mich, die B-3 nach ein paar Jahren wieder zu verkaufen und gegen eine Harley-Davidson Street Bob zu tauschen. Diese hat ja bekanntlich Räder und bewegt sich somit leichter. Und man muss sich ja ab und zu etwas Extravagantes gönnen, oder etwa nicht ?
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