Sonnenuntergang am Murtensee, Vallamand
Schon als kleiner Bub war ich fasziniert von Booten. Mein Vater schreinerte mir ein kleines Holzboot. Ich war fasziniert, wie er die Seitenbretter zum Bug hin dauerhaft biegen konnte. Er legte zwei Bretter in einen Brunnen und zwang diese, eine gebogene Form anzunehmen. Als das Holz trocken wurde, blieb die Rundung bestehen. Ich staunte.
Im Dorfbach neben unserem Haus zog ich das Böötli an einer Schnur hinter mir her. Später vergass ich diese Sache, aber als ich mit meinem Schatz die ersten gemeinsamen Ferien im Tessin verbrachte, flammte diese Affinität umso stärker wieder auf. Am Lago Maggiore hatte es eine Menge Boote, die ich bestaunen konnte. Ich leistete mir einen Wasser-Ski Versuch am Strand von Brissago, wo ich dem Bootsführer und seinen Kunden zur Hand gehen durfte.
Lange Zeit lauerte der Schiffswunsch im Verborgenen bis mir ein Arbeitskollege sein "Fischerböötli" auslehnte. Unsere Kinder waren begeistert. Wir hatten eine Nussschale zum Baden im Murtensee. (Bild links) Bald kam der Wunsch nach einem richtigen Motorboot auf und wir kauften uns einen 4-Plätzer Impala Occasion. (Bild rechts) Der Wunsch nach Wasserskisport etablierte sich schnell und wir machten die Schiffsprüfung. Ein 45 PS Johnson Motor musste her. Magdalena und ich hatten nach einigen Blutergüssen genug davon und begnügten uns mit dem Boots- und Hafenambiente. Sohn und Tochter hingegen machten Fortschritte.
Sohn Markus beim Wassersport Windy 27 Day Cruiser Tochter Andrea auf Wasserski
Wenn wir nach einem wunderschönen Bootstag im Abendrot die romantische Stimmung verlassen mussten, träumten wir von einem Kabinenboot, das ein Übernachten in einer Bucht oder in einem Hafen erlauben würde. Somit ging ich auf die Suche nach einem Boot, das mehrere Bedingungen erfüllen sollte: Es musste schnell sein und 2 Kajüten aufweisen, dazu ein WC. An einer Bootsausstellung in Zürich sprang sie uns an: Die Windy 27, zwar zu teuer aber passend. Mit der Lieferung gab es Probleme. Als ich im Werk in Schweden anrief, erfuhr ich, dass der Importeur unsere Anzahlung nicht weitergeleitet hatte. Das Boot sei auf dem Bahnhof bereit zum Transport. Als es endlich geliefert wurde, waren meine Sommerferien vorbei.
Das Glück dauerte nur 2 Jahre. Die Bugwelle war zu gross, Die Steuerung zu instabil weil der Rumpf zum Gleiten konstruiert war. Das Boot fuhr in langsamer Fahrt nicht gerade aus. Erst im Gleitmodus gewann es an Stabilität. Zudem würde die Kinder-Kajüte schon bald zu klein sein für unsere schnell heranwachsenden Kids. Die zwei 6-Zylinder 175 PS Benzin Motoren soffen uns arm. Fazit: Ein neues Schiff musste her!
Das Lehrgeld war teuer. Es kam der Wunsch nach einem gemütlichen Verdränger auf. In der Schweiz gab es damals solche Schiffe kaum. Wir traten mit einem Verkäufer die Reise nach Holland an. Auf einer Werft für Stahlschiffe fanden wir unser Schiff - von einem Boot konnte man jetzt nicht mehr sprechen. Ich hatte genug von Wasserski, Schnellfahren und enormem Benzinverbrauch. Unsere neue Magdalena III hatte einen 6-Zylinder Turbo Diesel mit 150 PS und einem Stundenverbrauch von 3,5 L und dank Verdrängerrumpf, Kiel und starrer Antriebsachse fuhr es auch in langsamer Fahrt exakt gerade aus.
Später liess ich ein stabiles Fahrerhaus aufbauen und schreinerte selbst einen Mast aus Mahagony, auf den ich sehr stolz war. Die Magdalena III hatte eine Eignerkabine achtern und eine Gästekabine im Bug für die Halbwüchsigen oder für Gäste. Zudem eine Pantry und einen Salon sowie eine Toilette achtern mit Dusche.
Es ist wie verhext: Schiffe sind immer zu klein! Die Kinder werden erwachsen, haben einen Freund, eine Freundin und plötzlich hat man Enkelkinder. Da braucht es viel Platz. Diesmal wollte ich richtig planen. Ich zeichnete einen Grundriss mit meinen Wünschen und fand einen Schiffsbauer in Holland, der den Plan umsetzte. Planung und Sicherstellung der Finanzierung dauerten 2 Jahre und weitere 14 Monate dauerte die Bauzeit ab Kiellegung. Hier der Vorschlag des Schiffbauers nach meiner eingereichten Skizze, sogar den Namen hatte er schon berücksichtigt. Ein guter Verkäufer!
Die Kiellegung fand im Februar 1987 statt: Der neue Trawler war ausgerüstet mit Eignerkabine, zwei Gästekabinen, 2 WC's mit Duschen, Dinette, Pantry, Salon und Flybridge mit Zweitsteuerstand und was ganz besonderes war: Ein separates Ruderhaus. Ferner zwei 6-Zylinder Turbo Diesel Motoren à 150 PS in einem Maschinenraum mit Stehhöhe. Verbrauch: 3.5 L/Std. pro Maschine.
1. Schockansicht Stahlkasko blank 2. Grundierung, Alu-Flybridge 3. End-Lackierung
Als wir in der Werft vor dem Rohbau unserer Magdalena IV standen, herrschte vollkommene Stille. Dann behauptete "meine Magdalena": "Dieses Ungetüm passt nicht in unseren Bootsplatz!" Selbstverständlich hatte ich die Masse vor der Auftragserteilung berücksichtigt. Ich hatte ja das Schiff selbst entworfen. Ein Stahl-Schiff kauft man nicht "ab Stange", es wird im Auftrag gebaut. (s. auch "Jordi's Blog": Von der Nussschale zum Stahl Trawler). Ich konnte mein Mädchen erst beruhigen, als ich eine Woche später mit dem Beiboot in unserem Schweizer Hafen mit dem Messband den Beweis erbrachte.
Magdalena I vor Magdalena IV im Hafen von Neuchatel
Unser Traum war erfüllt. Wir verbrachten während vieler Jahre die Wochenenden und Ferien auf dem Schiff und lernten die Häfen, Buchten und Beizli an den 3 Juraseen kennen. Dann kam die Zeit, wo unser Schiff zu gross wurde, nämlich als die Kinder nicht mehr so oft dabei waren weil sie andere Intressen hatten oder verheiratet waren. Lebensmittel und Getränke hinschleppen sowie Reinigungsarbeiten wurden immer mühsamer und die Hafengebüren, Betriebs- und Servicekosten wurden auch nicht kleiner.
Mädi am Ruder in voller Fahrt voraus (Foto: HR vom Beiboot aus)
Sonnenuntergang am Neuenburgersee (Hafen Portalban Richtung Jura)
Als ich meine CEO-Stelle im Klavierverkauf wegen Filialschliessung verlor, waren wir gezwungen, das wunderbare Schiff zu verkaufen. Im ersten Moment schmerzt sowas, aber wenn man bedenkt wieviel Arbeit so ein Objekt auch darstellt, kann man das gut wegstecken, denn wir durften das grossartige Erlebnis mit unserer Magdalena während 12 Jahren voll geniessen. Total haben wir ca. 40 Jahre Bootssport auf den 3 Juraseen betrieben und viele glückliche Stunden erlebt.
Die Magdalena IV wurde im Jahr 2000 zum Verkauf ausgeschrieben
Die Magdalena IV war noch nicht übergeben, da fiel mir im Hafen ein Offshore Boot mit Steuerstand und Aussenborder auf. Ich dachte, das könnte ein kleiner Ersatz für mich werden, denn so ganz ohne Boot kann ja ein Böötler nicht leben. Mit 200 PS könnte es auch meinem Sohn als Zugmaschine zum Wakeboarden dienen. Wir kauften das Boot gemeinsam.
Bis jetzt hatten uns die gekauften Boote und Schiffe nie Probleme gemacht. Diesmal war es anders. Schon auf der Probefahrt beanstandete unser Schiffsmechaniker die ungenügende Drehzahl und fehlende Kraft des Motors. Ich stellte die Bedingung, dass der Defekt in Ordnung gebracht werde, was der Verkäufer versprach.
Kaum in unserem Besitz, hatte der Motor einen Kolbenfresser, der nicht mehr repariert werden konnte. Wir ergatterten einen der letzten 2-Takt Motoren dieses Typs, eine sehr teure Angelegenheit und der Verkäufer musste per Anwalt zu einer Preisreduktion gezwungen werden.
In mir erwachte die alte Sehnsucht nach einem Verdränger Kabinenboot mit Dieselmotor. Nur sollte es in Grösse, Verbrauch und Preis den neuen Gegebenheiten angepasst sein. Im Internet fand ich ein Bijou, in das ich mich Hals über Kopf verliebte - die "Evergreen" aus Kiel.
Ich hatte wieder ein Projekt, in das ich viel Liebe und Arbeit hineinsteckte bis es meinen Vorstellungen entsprach. Es gab viel zu schleifen und lackieren und Madeleine nähte neue Vorhänge und bezog die Polster neu. Ich fand einen Bootsplatz am Murtensee wo mein Sohn nun das Offshoreboot übernommen hatte.
Endlich war alles restauriert und die eigentliche Nutzung konnte beginnen. Doch ich musste lernen, dass man nach einem 15-Meter-Trawler nicht auf ein 9-Meter-Boot umsteigen kann ohne schmerzliche Einbussen. Dazu kam, dass wir inzwischen eine Eigentumswohnung mit Garten und viel Freude am "Wohnen" hatten. Mit dem Verkauf war eine lange Wartezeit verbunden und nach nur 5 Jahren waren schon wieder Renovationen nötig um es überhaupt verkaufen zu können. Alles in allem eine sehr, sehr teure Angelegenheit. Der Eurokurs hatte vom Kauf zum Verkauf 40% verloren - ein absolutes Verlustgeschäft. Man lernt eben nie aus. (S. dazu Blogartikel: "Hört auf eure Frauen, sonst kann es teuer werden.")
Ende der Dokumentation