The Roots,  eine Bandbiografie

Als 15-Jähriger gründete Hansruedi Jordi seine erste Band. Am 1.1.2025 wird er achtzig Jahre alt. Sehen und lesen Sie hier seine ganze Bandgeschichte.

Die Schüler Band

Während der Bezirksschulzeit in Gerlafingen gründeten wir 4 Buben eine Schülerband und nannten sie grossspurig "Orchester Oktoria" in Anlehnung an die damals regional berühmte Big Band "Astoria" Grenchen. Den Trompetenschüler, Konrad Baschung, begleitete ich oft an JEKAMI's auf dem Klavier, wo er das Bravourstück "Die Teufelszunge" zum Besten gab. Wir zwei fuhren mit dem Fahrrad an die damals beliebten Veranstaltungen, wo Talente verschiedenster Art sich profilieren konnten "Jeder kann mitmachen".       

    Bruno Müller,   Alfred Scheidegger,  Konrad Baschung,  Hansruedi Jordi 

Das Diana Quintet

Gegen Ende meiner Schulzeit wurde ich (16) an einem Sonntagmorgen vom Bandleader des "Diana Quintetts", Toni Rufer, entdeckt. Ich lümmelte auf der Bühne des  Festzeltes herum, wo am Abend zuvor die Bigband Astoria gespielt hatte. Dort stand einsam und verlassen ein Klavier. Ich konnte nicht wiederstehen, ich musste darauf spielen um ein paar Kollegen zu imponieren. Schon in der Primarschule unterhielt ich meine Klasse nach der Pause am Klavier bis der Lehrer eintrat. Toni gefiel mein Geklimper und er brachte mich mit seiner Citroen-Ente nach Hause und fragte meine Eltern um Erlaubnis, mich in seine Band aufnehmen zu dürfen. Sie erlaubten es. Damit ich nicht in schlechte Gesellschaft geriet, holte mich mein Vater jeweils am Schluss der Tanzveranstaltungen ab. Dies war eine Bedingung meiner Mutter. 

Ich wurde eingekleidet mit Hose und Schuhen in Weiss, einem fuchsroten Kittel, einem weissen Hemd und einer weinroten Fliege.  Ich war der einzige Minderjährige der Band und natürlich sehr stolz - ich glaube man sieht es. 

  Hansruedi Jordi,  Hans Affolter,  Erhard Jäggi,  Toni Rufer,  Edgar Bridevaux

  Erste Showelemente, neuer Drummer und Kostüme, von Madeleine genäht. 

                                                                                          Bandleader Toni Rufer, tb

Das Diana Sextet

Unterdessen war ich verheiratet (21) und stolzer Vater eines Söhnchens. Meine beruflichen Erfolge hielten sich in Grenzen, die Banderfolge jedoch waren beachtlich. Ich brachte mir autodidaktisch Harmonierlehre und Arrangementlehre bei und übernahm die Führung der Band.  Von nun an wurden die Titel arrangiert. Meine junge Frau "Madeleine" begleitete uns an die Auftritte und nähte die Showkostüme. Ich lehrte meinen Neveu Reto den Umgang mit einer Bassgitarre. Damit hatten wir nun einen Bassisten. Dazu gesellte sich der engste Freund von Reto als Gitarrist, was mir erlaubte, in die Frontline zu wechseln und Trompete zu spielen nach meinem Vorbild Hazy Osterwald. Ich wollte wie er im Rampenlicht stehen. 

Auslandauftritte

Durch den Anschluss an die Zürcher Künstler- Agentur Viston AG  erhielten wir Aufträge  als Vorgruppe der Hazy Osterwald Show und der Max Greger Bigband. Das war ein grandioses Erlebnis, als wir das erste mal nach München fuhren und Max Greger kurz die Hand schütteln durften oder als wir uns in Nassau D im Stundentakt mit Hazy Osterwald's Show- band abwechseln durften.

Die Spaltung

Mit diesen Erfolgen wuchsen die Ambitionen, ins Profilager zu wechseln. Doch da wehte plötzlich ein rauer Wind im Sextet. Eine Spaltung tat sich auf indem ein Teil auf Tournee gehen wollte, der andere nicht. Unser früherer Drummer, Urs Keller, war inzwischen Agent der Hazy Osterwald Organisation. Er hatte alle Vorkehrungen für den Start getroffen. Ich hatte meine  Arbeitsstelle  gekündigt und  arrangierte fast Tag  und Nacht  für die  Band.

Das Musical "Tabu Drogen"

Mit einer Konfirmandenklasse eines Pfarrers setzten wir ein von mir komponiertes Musical mit dem Titel "Tabu Drogen" in Szene. Es war ein regionaler Grosserfolg in der Kirche Kriegstetten. Ich wurde zu einem Interview ins Radio Studio Bern eingeladen. Das Schweizer Fernsehen war interessiert an der Aufzeichnung unter der Bedingung, dass ich mehr Liturgie in das Werk einbringen würde. Ich lehnte grossmütig ab und verzichtete auf eine TV-Sendung. Leider sind weder  Bilder noch  Tonaufnahmen  auffindbar. 

Die Cosmos Showband

Die Tournee fand nicht statt und wir trennten uns. Aus der Spaltung resultierte die Cosmos Show Band. Wir Übriggebliebenen studierten eine Show ein. Mitten in der Arbeit wurde mir ein Zeitungsinserat zugespielt, wonach die Berner Klavierfabrik Schmidt-Flohr AG einen Lehrer für elektronische Orgeln suchte. Ich bewarb mich und erhielt den Job. Man brachte mir eine Heimorgel nach Hause und ein Lehrbuch dazu.  

Der Umzug nach Bern

Ich zügelte meine kleine Familie in die Hauptstatt und erteilte Unterricht an den in Mode gekommenen Heimorgeln. An der Ausstellung BEA in Bern gab ich 25 Jahre Demokonzerte. Man entdeckte mich für Werbung und Verkauf. Ich spielte zwei LP's  als Organist mit  US-Orgeln  ein und  gründete  eine Orgelschule.

Die Jazz-Rockband Dandelion

Ich wurde als Juror an ein Rockfestival nach Solothurn eingeladen.  Zu bewerten war auch der Auftritt einer Berner Rockgruppe. Das "Cosmos-Projekt" wurde aufgegeben und ich übernahm den Lead der Rockgruppe "Dandelion". Wir gewannen den ersten Preis eines Rockfestivals. Der Preis beinhaltete die Aufnahme einer LP, zusammen mit 3 weiteren Berner Rockbands im Sinus-Studio Bern plus eine Schweizer Bandtournee. 

Auf die LP "Second Chance"  kamen  meine  zwei Kompositionen  I Look For A Hold und I Would Like To Tell You. Die Tournee fand nie statt und wir mussten 2000 Franken für über-schrittene Aufnahmezeit bezahlen. Die Band hatte kein Geld, somit musste ich die Summe vorschiessen. Die Musiker erhielten dafür jeder 10 LP's zum Verkaufen. Die meisten wurden jedoch verschenkt und mein Geld war weg.     

Die Coverband:  "Jordi & Jordi Soundfusion"

Soundfusion on the road

Die Swingline Bigband Bern

Zusätzlich gründeten wir mit dem Initianten, Jörg Kofmehl aus Luterbach, eine Bigband im Swing Stil und übten in Kirchlindach BE. Die Leitung übertrugen wir Martin Hurni aus Ulmiz (Berklee USA). Ich organisierte einige Konzerte z.B. im Casino de Rolle VD am Genfersee und auf Signal de Bougy VD. 

Das Projekt wollte nicht so recht Fuss fassen. Wir waren immer mehr auf Berufsmusiker bezw. Studenten aus der Jazzschule Bern angewiesen und es war schwierig, diese zu bezahlen. Ich verliess mit ein paar Amateuren die Band. Sie existiert noch heute unter dem Namen "Uptown Bigband" in Bern und besteht ausschliesslich aus Profis. Es gibt leider keine Tonaufnahmen aus dieser Zeit.

Paula & The J-Connection

Mit dem Neuzugang der Vokalistin Paula Wittwer änderten wir den Namen. Ich arrangierte "Tower of Power - Titel" und wir spielten eine EP mit unserem Favorite Song: "Who Loves You" u.a. im Tonstudio T. Marcozzi in Solothurn ein. Durch Johnny Werren's "Play Music Agency" in Zürich kamen wir an lukrative Auftritte. The Show Must Go On!  

Aus der EP "Who Loves You"

Leider wurde das PA mit Stage Monitoring immer aufwändiger und der Sound immer lauter. Die Kosten für professionelle Beschallung überstiegen die Gagen. Für mich wurde es zu laut und zu teuer! Ein Wechsel war angesagt! Ich wollte zurück zum natürlichen Sound und zur Improvisation. Und hier bin ich angekommen: 

Die Loverfield Jazzband

Es war ein langer Weg zum Jazz. Aber die Vielfalt meiner Projekte und Genres hatten markante Spuren hinterlassen und ein bischen Jazz war immer schon dabei. Nun aber hiess es für mich "Farbe" bekennen.  Die renomierte Berner Jazzband suchte einen neuen Lead-Trompeter. Ich hatte zwar wenig Erfahrung mit Dixieland aber ich überzeugte wohl doch im Casting.

Die Loverfield Jazzband hatte ein volles Auftgragsbuch. Bis zu 70 Auftritte wurden pro Jahr gespielt und der Bandleader hatte eine enge Beziehung zum Management der Lenker Jazztage. Die Band spielte an der Lenk bis zu ihrer Auflösung im Jahr 2018 32 Konzerte.  Während meiner Mitwirkung bei Loverfield wurden zwei CD's eingespielt. Für "Amazing Grace" auf s'Wondereful wurde uns 2007 der erste Swiss Jazz Award in Ascona verliehen. 

Die Verleihung in Ascona

 Moderatorin, Leitung Radio Swiss Jazz, Loverfield JB, Leiter Festival Ascona

Die Story zum Song

Als wir im April 2005 im Studio Werner Bachmann, Oberbottigen die CD "s'Wonderful" einspielten, überraschte uns die Sängerin Rita mit der Idee, den Song "Amazing Grace" ohne Begleitung singen zu wollen. Ich konnte mir das nicht so recht vorstellen. Als ich im Studio ein e-Piano erblickte, sagte ich: "Lasst mich den Song begleiten - nur als Versuch." Jeder kennt den Titel aber ich hatte ihn noch nie gespielt. Nach dem Intro begann Rita zu singen. Als wir zum Schluss kamen war es einen Moment still im Raum bis Pedro, der Drummer, sagte: "Von mir aus ist der gestorben!" Alle waren einverstanden. In einem einzigen Durchgang war der Song in Perfektion entstanden. Er war weder arrangiert noch geübt worden - einfach "s'Wonderful!"

Waiting For Springtime

Komposition von Hansruedi Jordi

The Chicago Hot Six Jazzband

Neue Erfahrungen

Mit der Zeit wurde mir das Dixielandkorsett einer einzigen Band zu eng.  Ich generierte eigene Projekte und veranstaltete Jamsessions in diversen Jazzsparten (s. Gallery). 2010 gründete ich mit Kurt von Allmen die Chicago Hot Six Jazzband und wenig später das Mainsrtream Quartet "The Swingin' Fours". Beide Formationen konzertierten auf der grossen Lenker Bühne.  

Chicago Hot Six im Jazzclub Jetläg Bern 2012

Chicago Hot Six, Mahogany Hall Bern 2014

Weitere Jazz-Band's und Projekte

Rita T. and friends, die Jazzcombo mit Spass

2020 startete Rita Trachsel eine Telefonrunde mit alten "friends" und eröffnete, sie wolle eine neue eigene Band gründen. Ich war sofort dabei. Der Start im Jazzclub Zürich Oberland war fulminant, jedoch die darauf folgende Covid-Pandemie verursachte einige Verzögerungen und brachte  viele Bands in Schwierigkeiten. Zunehmend waren die Auftritte auch schwieriger mit Rita's Krankheit in Einklang zu bringen. 

So entschlossen sich Rita und ihr Ehemann, Peter Trachsel, am 13. Oktober 2024 ihr letztes Konzert in der Kirche Kirchberg BE zu geben. Die Ränge waren voll besetzt und Rita und die Band ernteten stehende Ovationen und zum letzten mal performte Rita ihren Song: "Just A Closer Walk With Thee". Mit der Konzertzugabe "Doctor Jazz" ging eine Ära zu  Ende. Rita T. sagt dazu:

"Wir hatten eine Menge Spass!"

Heute bin ich noch in zwei Bands aktiv, gut so.